free templates joomla
SYNOPSIS
(deutsch; englische Fassung weiter unten/ for the english version see below)

»Geheime Agentin« ist ein historischer und gleichzeitig sehr zeitgenössischer Roman. Wer sich die Frage stellt, wo der Shakespeare’sche »Ort« ist, an dem Politik, gesellschaftliche Wirklichkeit und persönliches Macht­streben den schärfsten Ausdruck finden, wird sehen, dass die Welt der Geheimdienste heute die Bühne des klassischen Königshofes abgelöst hat. Nirgendwo wird Realität vielschichtiger widergespiegelt.


»Geheime Agentin« schildert den Geheimkrieg hinter dem Krieg 1939-45 aus der Perspektive der Alliierten, des Deutschen Reichs und der neutralen Schweiz – die, an der Türschwelle des nationalsozialistischen Deutsch­land, Schauplatz des direkten Schlagabtauschs der Geheim­dienste der Kriegführenden war, und eine Dreh­scheibe für zwielichtige Nachrichtenhändler dazu.
Die »Abwehr« – der deutsche militärische Geheimdienst – erlangte Anfang 1942 über einen ins Nazilager gekippten Schweizer Bürodiener des US-Militär­attachés Legge in Bern unter anderem Karbon­papiere geheimster Agenten­berichte – mit Quellenvermerk – und ließ daraufhin nicht nur das US-Agen­tennetz hochgehen, sondern vermochte auch entscheidende alliierte Codes zu knacken.
Umgekehrt informierte der deutsche Widerstand von Januar 1943 den neuen US-Geheimdienstvertreter Allen Dulles in Bern fortlaufend über neu entschlüsselte, d.h. kompromittierte Codes und »verriet« hochgeheime Informa­tionen über Waffen­projekte und geplante Offensiven. Die Hitlergegner in Berlin verstanden das nicht als »Verrat«, sondern als letzte verbliebene Möglichkeit von »Gegenarbeit« gegen das Naziregime, da Pläne für ein Attentat und einen Staatsstreich bis zum 20. Juli 1944 immer wieder scheiterten.
Dennoch hielten in erster Linie die Briten den deutschen Widerstand für eine Finte der SS. Denn am 9. November 1939 hatte der spätere Chef des SS-Geheimdienstes (»SD-Ausland«), Walter Schellenberg, zwei britische Geheimdienstleute im niederländisch-deutschen Grenzort Venlo – unter dem Vorwand, Vertreter der deutschen Militäropposition zu sein – in einen Hinterhalt gelockt und ins KZ Sachsenhausen entführt (zentrales Thema des Prologs).
Titelfigur ist die Engländerin Elizabeth Wiskemann. Ihr Vater war Deutscher. Nun operiert sie 1939-1945 als Agentin eines britischen Dienstes, der mit »Schwarzer Propaganda« gegen Nazideutschland befasst ist, in der Schweiz und trifft Geheimnisträger aus dem Reich. Doch deren Berichte können sich jeder Zeit als Des­infor­mationen entpuppen.
Gründlich misstrauen muss die Geheime Agentin der zweiten Hauptfigur, dem von weit rechts kommenden Vertreter des deutschen Widerstands Hans Bernd Gisevius. Als Abgesandter der Militär­opposition ist er in Zürich im Deutschen Generalkonsulat als Abwehr­beauftragter tätig und leitet heimlich Angaben über Angriffstermine und entzifferte Codes an die Alliierten weiter. Aber seit Venlo glaubt ihm niemand mehr und er rennt gegen eine Wand. Auch bei ihr. Sie muss ihn, als er sich ihr nähert, zum Teufel schicken. Nur der SS-Geheimdienst SD-Ausland weiß, dass es diese Verschwörer wirklich gibt – und jagt sie. Dabei lässt Schellenberg als Mann Heydrichs und Himmlers nichts unversucht, um den alliierten Geheim­diensten in der Schweiz den Boden zu entziehen.
Dritte Hauptfigur ist der ausge­bürgerte Deutsche und Verleger Rudolf Roessler. In Luzern bildet er die Schaltstelle für den hochgeheimen Informa­tions­fluss, der von der Zentrale der Berliner Verschwörer nach Moskau geht – bis ein Romeo-Spitzel in Genf auf eine Funkerin des russischen Netzes trifft und einen Funkschlüssel erbeutet. Daraufhin muss Gisevius in einem Verzweiflungsakt die Existenz dieses Netz an den Schweizer Geheimdienst »verraten«, der mit einer Razzia verhindert, dass die SS die Spur bis zum Ursprungsort der Meldungen, dem »Leck« in Berlin, zurückverfolgen kann. Damit sichert er der Militäropposition noch knapp die Frist bis zum »20. Juli«, denn längst haben Verhaf­tungen in Berlin die Widerstandsgruppe dezimiert.
Lüge, Täuschung und Verstellung sind die großen Themen dieses auf jahrelanger Aktenrecherche beruhenden historischen Romans – mit den Schauplätzen Berlin, Stuttgart, Bern, Zürich, Genf, Luzern, Den Haag, Warschau, London und New York.
Allein Elizabeth Wiskemanns Umsicht ist es zuzuschreiben, dass ihr Netz unzerstört bleibt, als der Bürodiener des US-Militärattaché auch den britischen Militärattaché Cartwright, der eng mit seinem amerikanischen Kollegen kooperierte, mit in die Katastrophe reißt.
Doch sie fühlt deutlich, dass geheime Agentinnen für ihre Tätigkeit einen höheren Preis bezahlen – selbst Liebesgeschichten verlaufen anders als bei Agenten …

»Gäbe es niemals eine ›Wahrheit‹ der Gefühle? Oder falls doch, worin ließe sie sich erkennen?«
 
»Geheime Agentin« ist ein Roman über die Wahrnehmung des deutschen Widerstands durch die Alliierten. Eine minutiöse Studie zum Thema Komplexität, Zufall und Verantwortung – der Versuch eines Psychogramms des Krieges.
 
»Gerade im Geheimdienst glauben sich viele vor Gefühlen sicher. Gefühle scheinen nicht zu existieren, höchstens als gefährliche Eintrittspforte für die Gegenseite. Also lassen sie sich keine anmerken. Wie Gespenster bewegten sie sich zwischen den Linien, quer durch den Irrgarten der Informationen und Desinformationen.«

 

Peter Kamber wurde 1953 in Zürich geboren. Erst nach dem Geschichtsstudium begann er mit freiem Schreiben und veröffentlichte Kurzgeschichten sowie Reportagen. In den 1990-er Jahren sendete der damalige Süddeutschen Rundfunk neun einstündige Radioessays von ihm. Sein erstes Buch, die Biografie »Geschichte zweier Leben – Wladimir Rosenbaum und Aline Valangin« erschien in mehreren Auflagen. Mit »Ach, die Schweiz … Über einen Kleinstaat in Erklärungsnöten« (1998) und dem Theaterstück »Leidenberg, Nicolas« (2001) nahm er pointiert Stellung zur Geschichte seines Landes. Er lebt und arbeitet in Berlin und in Zürich.
(mail: peterkamber(at)web.de  / web: peterkamber.de)

 

»Peter Kamber … versteht, Archivalien zum Sprechen zu bringen. Seine intensiven und aufwendigen Recherchen gelten immer wieder außergewöhnlichen Persönlichkeiten. Sein jüngstes Buch ist ein historischer Roman über die internationale Geheimdienstszene während des Zweiten Weltkriegs …«
(aus: Programmheft »Solothurner Literaturtage 2009«)

 

Kontakt:
Maya Kägi, Liepman AG, Literary Agency
Englischviertelstrasse 59, CH-8032 Zürich
Tel. +41 43 268 23 -92; Fax +41 43 268 23 -81
E-mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
www.liepmanagency.com

 

Peter Kamber zum Genre historischer Roman, in:
Neue Zürcher Zeitung (»ZEITFRAGEN«), 26. August 2006: "Erinnerungsbilder - Konturen, Muster, Licht und Dunkel". Methoden literarischer und wissenschaftlicher Geschichtsschreibung
 
SYNOPSIS (english version) 
(mit herzlichem Dank an den Übersetzer Peter Lilley, Berlin)

"Geheime Agentin" (Eyes Everywhere)
A novel by Peter Kamber
BasisDruck Verlag, Berlin
ISBN 978-3-86163-097-5; published in January 2010)
"Geheime Agentin" is an historical novel, but at the same time very contemporary.
If you ask where the Shakespearean "place" is where politics, social reality and
personal ambition for power finds its strongest expression, you will see that the
world of the intelligence services has today replaced the stage of the classical
royal court. Nowhere is reality reflected with such complexity.

"Geheime Agentin" portrays the secret war behind World War II (1939-45) from the perspective of the Allies, the German Reich and neutral Switzerland – which, being on the doorstep of Nazi Germany, was the theatre of a direct clash between the intelligence services of the belligerents, and a hub for shady secret agents to boot.
Early in 1942, the Abwehr, German military intelligence, got hold of carbon paper used for top secret agent reports – with notes on the sources – via a Swiss office assistant to the US military attaché Legge in Berne, who had gone over to the Nazi camp; this let them smash not only the US agent network but also enabled them to crack crucial allied codes.

Conversely, from January 1943 the German Resistance had been keeping Allen Dulles, the new US intelligence service representative in Berne, informed about the recently deciphered (compromised) codes and "betrayed" top secret information about weapons projects and planned offensives. The Hitler opposition in Berlin did not regard that as "betrayal", but as the last remaining chance to "work against" the Nazi regime, as plans for an assassination attempt were continually frustrated up until 20th July.

However, it was primarily the British who regarded the German Resistance as an SS trick. That was because, on 9th November 1939, the later Head of the SS intelligence service (SD-Ausland), Walter Schellenberg, had lured two British secret agents into a trap in Venlo on the Dutch-German border on the pretext of being representatives of the German military opposition: they were kidnapped and sent to Sachsenhausen concentration camp (central theme of the prologue).

The title character is the Englishwoman Elizabeth Wiskemann. Her father was German. Between 1939 and 1945 she is operating in Switzerland as an agent of a British service engaged in "black propaganda" against Nazi Germany, and meets bearers of secrets from the Reich. Yet their reports may turn out to be disinformation at any time.

The Geheime Agentin always has to distrust the second main character, Hans Bernd Gisevius , the representative of the German Resistance who had been a zealot of the far right until 1933, but has since made a change . As the envoy of the military opposition, he is the Abwehr representative in the German Consulate General in Zurich and clandestinely passes information about the dates of attacks and deciphered codes to the Allies. However, since Venlo nobody believes him any more and he runs against a brick wall: even with her. She has to send him packing when he approaches her.

Only the SS intelligence service, SD-Ausland, knows that these conspirators really exist – and they pursue them. In doing so, Schellenberg, as Heydrich's and Himmler's man, leaves no stone unturned in trying to cut the ground from under the feet of the allied intelligence services in Switzerland.

The third main character is the German publisher Rudolf Roessler, who has been stripped of his citizenship. In Lucerne he sets up the control centre for the top secret information flow, that goes from the control centre of the Berlin conspirators to Moscow – until a Romeo informer in Geneva comes across a signals telegraphist of the Russian network and seizes a signals code. Thereupon, Gisevius in an act of desperation has to "betray" the existence of this network to the Swiss secret service, which carries out a raid and so prevents the SS from tracing the trail back to the source of the signals, the "leak" in Berlin. As a result, he secures just enough time for the military opposition to carry out the assassination attempt, which in fact then takes place on "20th July", before the resistance group in Berlin, long since decimated by arrests is critically weakened.

Lies, deception and pretence are the big themes of this historical novel based on research of files over many years. The action moves between Berlin, Stuttgart, Berne, Zurich, Geneva, Lucerne, The Hague, Warsaw, London and New York.
It is only thanks to Elizabeth Wiskemann's circumspection that her network remains intact when the office assistant to the US military attaché also drags the British military attaché Cartwright, who was co-operating closely with his American colleagues, into the catastrophe.

Yet she clearly feels that female secret agents pay a high price for their work – even love affairs proceed differently from those of male agents …
"Is there never any 'truth' in feelings? And if so, how can it be recognised?"

"Geheime Agentin" is a novel about the perception of the German Resistance by the Allies. A painstaking study about the theme of complexity, chance and responsibility – the attempt at a psychogram of the War.

"Especially in the secret service many believe themselves safe from feelings.
Feelings seem not to exist, other than as a dangerous entrance door for the other side. So don’t let them show. Like ghosts, they moved between the lines, straight through the labyrinth of information and disinformation."

Peter Kamber was born in 1953 in Zurich. It was after studying history that he first began to write as a freelancer, publishing short stories and making reports. In the 1990s, the then Süddeutsche Rundfunk broadcast nine one-hour radio essays of his. His first book, the biography "Geschichte zweier Leben – Wladimir Rosenbaum und Aline Valangin" appeared in several editions. With "Ach, die Schweiz … Über einen Kleinstaat in Erklärungsnöten" (1998) and the play "Leidenberg, Nicolas" (2001), he made a pointed commentary on the history of his country. He lives and works in Berlin and Zurich.
 (mail: peterkamber(at)web.de / web: peterkamber.de)

Peter Kamber … understands how to bring archives to life. His intensive and meticulous research is aimed time and again at extraordinary personalities. His latest book is an historical novel about the international secret service scene during the Second World War …
(from: Programme Solothurn Literary Days 2009)

Peter Kamber on the genre of the historical novel, in the:
Neue Zürcher Zeitung (ZEITFRAGEN), 26th August 2006: "Errinerungsbilder – Konturen, Muster, Licht und Dunkel". Methoden literarischer und wissenschaftlicher Geschichtsschreibung

Contact:
Maya Kägi, Liepman AG, Literary Agency
Englischviertelstrasse 59, CH-8032 Zürich, Switzerland
Tel. +41 43 268 23 -92; Fax +41 43 268 23 -81
E-mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
www.liepmanagency.com

 
ZUR ENTSTEHUNG DES ROMANS
(Januar 2010)

Schon während der Vorarbeiten für mein allererstes Buch „Geschichte zweier Leben. Wladimir Rosenbaum & Aline Valangin“ (1990; erweiterte Neuauflage 2000/2002) stieß ich auf wichtige Figuren dieses Romans. Die Verlegerin Emmie Oprecht erzählte mir als Erste von Elizabeth Wiskemann und nannte mir die Namen von zwei weiteren engen Freundinnen Elizabeth Wiskemanns: die ehemalige Redaktionssekretärin Erika Düby, Zürich, und Elizabeth Montagu, Beaulieu/United Kingdom. Schon damals spürte ich, dass ich einmal über sie schreiben müsste, und während der Niederschrift dieses Romans begann sie schnell, ein Eigenleben zu führen, setzte sie sich immer mehr durch und wurde schließlich Titelheldin.
Der ursprüngliche Arbeitstitel von „Geheime Agentin“ war „Echtheit der Gefühle“. Der gefiel außer mir niemandem. Dann dachte ich, der Roman müsste „Augen überall“ heißen, aber der Titel war schon vergeben: Die bemerkenswerte, herausragende dänische Lyrikerin Pia Juul veröffentlichte eine deutsche Übersetzung eines Gedichtebands 2001 unter dieser Überschrift.
Ich entschied mich ganz bewusst für einen historischen Roman. Denn in der Welt der Geheimdienste selbst sind Fiktion und Wirklichkeit kaum zu trennen. Lüge, Täuschung und Verstellung sind machtvolle Mittel im Geheimdienstkrieg. Agentinnen und Agenten werden sich selbst und anderen zu Kunstfiguren, nur um an Informationen zu gelangen. Selbst akribische Recherchen vermögen nur in Ansätzen dieses Spiel des Scheins durchdringen. Den Fiktionen der Geheimdienstmächte ist gleichberechtigt nur mit der Gegen-Fiktion des Romans beizukommen. Sie bildet ein legitimes Mittel der Gegenwehr. Gleichwohl erfand ich nur im Rahmen des Plausiblen, da, wo die Quellen schwiegen oder sich widersprachen. Es ist eine Erfahrung der Geschichtswissenschaft, dass die Dinge beim Versuch, sie von ganz nahe zu beschreiben, gleichsam verschwimmen, unscharf werden. Was ich tat, würde ich daher Mikro-Fiction nennen: die „Optik“ beim Nähergehen künstlich scharf stellen. Erkenntnistheoretisch hat diese Fiktion den Status eines Hypothesensystems, eines Modells: So könnte es gewesen sein.
Es handelt sich wohlverstanden in allen historischen Aspekten um einen Tatsachenroman. Keiner der geschilderten Vorfälle ist erfunden. Doch ich nehme mir die Freiheit, die Agentinnen und Agenten so zu zeichnen, wie sie nach der geleisteten dokumentarischen Arbeit vor meinen Augen Gestalt annahmen. Der Roman als Kunstform erzählender Reflexion erlaubt diese persönliche Sicht und der historische Roman als Genre ermöglicht, ein Maximum an komplexen Zusammenhängen zur Darstellung zu bringen. Kein „Kurzfutter“ also. Historische Romane gehören zur Schwergewichtsklasse der Prosa. Ich danke Klaus Wolfram und Stefan Ret, meinen Verlegern, dass sie dieses Risiko mit „Geheime Agentin“ eingegangen sind.

Diese Internet-Seite legt meine Quellen offen, damit Leserinnen und Leser, die dies wünschen, jederzeit prüfen könnnen, von welchen Dokumenten ich ausging. Diese Transparenz scheint mir bei diesem Thema unabdingbar.

Mit den ersten Recherchen begann ich im Spätsommer 1997 im Bundesarchiv Berlin und mit einem ersten langen Telefoninterview mit einem Zeitzeugen, der eine Zeitlang im Amt „Ausland/Abwehr“, danach im SD-Ausland war. Von Herbst 1997 an arbeite ich zwei Jahre im Schweizerischen Bundesarchiv in Bern die Nachrichtendienst-, Bundesanwaltschafts- und Militärjustizakten aus dieser Zeit durch. Die Ausbeute war beträchtlich. Danach, im Herbst 1999, zog ich nach Berlin, um in den dortigen Archiven die Recherchen weiterzuführen und mit der Niederschrift des Romans zu beginnen. Ein Werkjahr der „Stiftung für kulturelle, soziale und humanitäre Initiativen“ in Basel, das um ein weiteres Jahr verlängert wurde, ermöglichte mir diesen Aufenthalt. Anfang 2002 zog ich zurück in die Schweiz, und zwar des Buches wegen in den Kanton Bern, um Recherchen im Bundesarchiv konsequent weiterzuführen. 2003/2004 war ich Stipendiat in der Lydia-Eymann-Stiftung in Langenthal. 2006 wurde das Manuskript fertig. Inzwischen war ich nach Zürich zurückgekehrt. Der riesige Umfang des Romans stellte die Verlage vor Probleme. Erst 2008 entschied sich der BasisDruck Verlag (im Prenzlauer Berg, Berlin) das Buch zu „machen“. (BasisDruck war nach dem Fall der Mauer die erste Neugründung eines Verlags im Osten Berlins und ging aus dem „Neuen Forum“ hervor.) Für das intensive, zeitraubende Lektorat danke ich Christian Hufen und Klaus Wolfram sehr herzlich. Überaus dankbar bin ich auch Henri Silberman (Genf), Vincent Frank-Steiner (Basel) und Marie-Jeanne Augustin-Forster (Zürich), die mir große Teile des Manuskripts lasen und wertvolle Hinweise gaben. Ohne die vielen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die mir ihre Lebensgeschichten anvertrauten, hätte dieses Buch nie geschrieben werden können.

"Geheime Agentin", BasisDruck Verlag, Berlin 2010, ISBN-978-3-86163-097-5 | 32,80 EUR.
 

 

Der Text des Romans liegt inzwischen als Hörbuch vor, gelesen  von Marianne Weber für die Schweizerische Bibliothek für Blinde,  Seh- und Lesebehinderte, Zürich; Hördauer 4282 Minuten.
Katalogtext: Der Schweizer Historiker zeichnet ein gross angelegtes Panorama der Geheimdienstaktivitäten in und um Deutschland während der Naziherrschaft. Die Engländerin Elisabeth Wiskemann und der in der Schweiz wohnhafte ausgebürgerte Deutsche Rudolf Roessler werden aus antifaschistischer Überzeugung zu Geheimagenten. In der Lebensgeschichte dieser realen Personen verknüpfen sich die Aktivitäten der alliierten Nachrichtendienste mit denen der nazideutschen Gegenspionage. Nach achtjähriger Quellenforschung deckt der Autor in diesem dichten, anspruchsvollen und sehr umfangreichen Roman zahlreiche unbekannte Zusammenhänge auf.

Hier außerdem eine PDF-Datei mit den Anmerkungen des Autors zum Roman, fortlaufend, nach Kapiteln geordnet:
 
(Die Datei umfasst mehr als 1000 Seiten)

Die Webseite mit der Datei der Anmerkungen zum Buch soll für Transparenz sorgen. Grundsatz war: Personen und Ereignisse authentisch; „Erfindung“ oder Fiktion nur dort, wo die Quellen schweigen oder sich widersprechen, und dies strikt im Rahmen des Plausiblen. So gesehen hat der Roman – erkenntnistheoretisch gesprochen – den Status eines komplexen Hypothesenmodells, denn rein historiografisch sind zahlreiche der im Roman aufgeworfenen Fragen nach der derzeitigen Quellenlage nicht zu beantworten, wie es im Fachjargon so schön heißt (z.B. bei Michael Früchtel, Der Architekt Hermann Giesler. Leben und Werk, München 2008, S. 278). Ob Literatur dazu berechtigt sei, sich auch da, wo es „eigentlich“ nicht geht, ein Bild der Vergangenheit zu machen, hängt auch davon ab, wie offen für Kritik – oder eben: wie transparent – das Vorgehen dabei ist. Der historische Roman – oder der Geschichtsroman – verdankt seine Existenz als Genre letztlich einem nahezu unüberwindlichen Darstellungsproblem der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung. Jene erfolgt nämlich zumeist in Form von Einzelstudien oder geht auch in den großen Überblickswerken nach Kapiteln oder Teilen gegliedert Einzelfragen nach, die allzu häufig nur abstrakt zusammengedacht werden. Einzig Biografien vermögen – aus der Optik der dargestellten Person – annäherungsweise eine zusammenhängende Weltsicht zu entwerfen, durch die Augen der Figuren, Welt verstanden als „Wirklichkeit“, wie sie von den Figuren wahrgenommen wurde. Dieser Roman ist der Versuch, für drei Hauptfiguren und über dreißig Nebenfiguren für die Jahre 1939 bis 1945 das Projekt einer Kollektivbiografie zu wagen. Als Sachbuch würde sich ein solches Unterfangen wegen der Komplexität der einzelnen Lebenszusammenhänge zur Unleserlichkeit verdammen. Der Roman kann zumindest den Versuch wagen, ein solches Zeitbild zu entwerfen. Die Grenzen des Genres des historischen Romans zu erweitern war die Herausforderung. Die Rolle des Autors umfasst dabei, im vorliegenden Fall, die eines Rechercheurs, Interviewers, Interpreten, „Schauspielers“ und „Regisseurs“. Das verstehe ich so: Beim Schreiben „spiele“ ich die Figuren, ähnlich wie ein Schauspieler oder eine Schauspielerin auf der Bühne oder im Film einen Charakter zur Darstellung bringen würde, wenn er oder sie bei diesem Vorgang zugleich die Regie innehätte. Der Roman kann ohne Rücksicht auf die im Theater und im Film anfallenden Kosten die komplexesten „Wirklichkeiten“ mit Worten entwerfen und – vor den Augen der Leserinnen und Leser – bildlich werden lassen. Diese Chance wollte ich bei diesem ernstesten Thema des 20. Jahrhunderts nutzen. (Komplexität zu durchdenken ist die Herausforderung der Zeit.)

Peter Kamber, Berlin, 18. Oktober 2008/26. Februar 2010