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1. Schilderung von Colonel Henry Cartwright: Ich danke Hon. Mrs. A.N.C. Varley für die wertvollen Hinweise (Telefoninterviews vom 20. März, 5. April und 7. Juni 2001) und Frau Erika Düby für die Vermittlung. Mrs. Varley (vor ihrer Heirat Elizabeth Scott-Montagu) war in der britischen Gesandtschaft eine enge Mitarbeiterin von Elizabeth Wiskemann. Sie beschrieb mir Cartwright als "tall, rather good-looking Military Attaché with a moustache, nice looking, slim", aber auch als "rather dull man": "Elizabeth used to make fun of him." Er habe ein paar "idiotische Dinge" getan und aus dem Grund hätten sie beide ihn als "dummen Mann" betrachtet. Er sei ein "very obvious military man" gewesen. Elizabeth Wiskemann und Cartwright waren "not at cordial terms" (7.6.2001).
 
2. Zu Goofy Gore: Elizabeth Wiskemann, Erlebtes Europa. Ein politischer Reisebericht 1930 bis 1945, Bern 1969, S. 140: "(...) der heutige Lord Arran, den wir alle 'Boofy Gore' nannten, ein fröhlicher und talentierter junger Mann, der sich mit jedermann glänzend verstand; er war damals von allen meinen vielen Bekannten am wenigsten snobistisch. Zuvor war er Verleger gewesen und bewährte sich recht gut als stellvertretender Presseattaché, war er doch von köstlicher Unberechenbarkeit und Exzentrizität. Er war damals [P.K.: Elizabeth Wiskemann spricht vom Jahr 1940] erst 29 Jahre alt." S. 143: "Gore sprach perfekt Deutsch (...)." S. 153: "Boofy Gore war auf der Britischen Gesandtschaft mein bester Freund gewesen."
 
3. Zu Walter Garrett: Garrett war Chefkorrespondent für Mitteleuropa der Nachrichtenagentur Exchange Telegraph, London. Die Büros befanden sich in Zürich an der Brandschenkestraße 43 (Schweizerisches Bundesarchiv, E 4450/1393). Im Februar 1945 wurden sie an die Bellerivestraße 38 verlegt (E 4450/6868, 23.2.1945) Ein Mitarbeiter von ihm his Mister Birman (erwähnt in E 4450/6868, 15.6.1942). Die ständigen Scherereien, die die Schweizer Zensur ihm bereitete, sind in den Akten genauestens vermert; siehe Schweizerisches Bundesarchiv E 4450/1241, E 4450/1393 und E 4450/6868).
Es ist davon auszugehen, dass Elizabeth Wiskemann ihn zumindest von Namen her kannte. Sie erwähnt ihn in ihrem Buch "Erlebtes Europa" nirgends.
 
4. Zu Frederick Vanden Heuvel: Vanden Heuvel kam erst im Februar 1940 in die Schweiz (Nigel West, MI6. British Secret Intelligence Service Operations 1909-45, London 1983, S. 116). Aus dramaturgischen Gründen brauche ich ihn im Roman aber schon von Anfang an. Ich bitte, mir diesen Anachronismus nachzusehen. Von Count Vanden Heuvel findet sich ein kleines Persönlichkeitsbeschreibung bei Neville Wylie, 'Keeping the Swiss Sweet': Intelligence as a Factor in Britisch Policiy towards Switzerland during the Second World War, in: Intelligence and National Security, Vol. 11, Nr. 3 (Juli 1996), S. 444: "'Fanny', who led SIS operations in Switzerland for most of the war. Opinions of 'Fanny were mixed. Admirers noted his 'brilliant mind', and in London his work war greatly valued. Among some Swiss however, his aristocratic 'pretensions' were too much to bear." Da ich geneigt bin zu glauben, dass aristokratisches Gehabe Teil der Geheimdiensttarnung Vanden Heuvels war, schildere ich ihn im Roman nach Möglichkeit so wie seine englischen Bewunderer. Mehr zu Vanden Heuvel bei Anthony Read/David Fisher, Colonel Z. The Life and Times of a Master of Spies, London 1984, S. 174, 191 und S. 231: "Tall, slim, elegant and immensely courteous, Vanden Heuvel looked every inch the old-style diplomat, always impeccably deressed and with a penchant for wearing lavender spats [lavendelfarbene Schuhgamaschen] with his morning suits. The son of a papal count, he had excellent connections with the Catholic Church, but in spite of his Flemish name was British, although with strong Swiss connections. He had been educated privately, in Berne and in England, before taking a scheince degreee at University College, London. He had been a director of several companies (...)." vgl. auch 238ff; der wirkliche Vanden Heuvel war zunächst bis Frühling 1940 als Geheimdienstmann in Zürich, an der Bahnhofstraße 16, einquartiert, als Mitglied des Britischen Konsulats; ohne Zweifel aber war er oft in Bern in der Britischen Gesandtschaft; dann verlegte er seine Aktionsbasis nach Genf und arbeitete im Schutz des dortigen britischen Konsulats; wiederum dürfte er sehr häufig in der Schweizer Hauptstadt gewesen sein. Erst Anfang 1941 kam er ganz nach Bern, wo er an der Britischen Gesandtschaft die Aufgaben eines stellvertretenden Presseattachés übernahm (mit Elizabeth Wiskemann als Mitarbeiterin). Ich bitte um Nachsicht, dass ich die verschlungenen Wege der Wirklichkeit im Roman etwas glätte und ihn von Anfang an in Bern einführe. (über den Pressattaché M.H.G.G. Daniels schrieb Elizabeth Wiskemann in "Erlebtes Europa", S. 140: "Zu Beginn war Daniels Presseattaché. Er war vorher Chefkorrespondent der 'Times' in Paris und noch früher (...) in Berlin gewesen. Da er die Überzeugung vertrat, dass die Franzosen schlecht und die Deutschen gut seien, war er 1940 auf dem Posten eines britischen Presseattachés in der Schweiz weder glücklich noch der richtige Mann. Ich hatte ihn in Paris kennengelernt, wo ich seine Untergebenen, mit denen ich gut gekannt war, des öfteren besucht hatte. Neben David Scott war Thomas Cadett und oft auch Thomas Barman dort gewesen. Ich muss gestehen, dass wir uns oft über Daniels lustig gemacht hatten.") Über die hier heraushörbaren Spannungen zwischen Elizabeth Wiskemann und Daniels schreibt David Garnett ("The secret History of PWE. The Political Warfare Ececutive 1939-1945, London 2002, S. 143): "Miss Wiskemann's relations in the field with the SOE [P.K.: McCaffery; zu ihm mehr in Teil 2] representative in Switzerland and with the Press Attaché were extremely bad and she has many complaints of their hostility, non-cooperation, and intrigues against her."
 
5. Zu Elizabeth [Scott-]Montagu: Seit ihrer Heirat Mrs. A.N.C. Varley. Ich bin ihr überaus dankbar für die Telefoninterviews vom 20. März, 5. April und 7. Juni 2001. Sie kam in Wirklichkeit erst am 13. September 1940 in die Schweiz (von Bordeaux über die Côte d'Azur und die unbesetzte Zone). Da wurde sie zuerst im Kanton Thurgau interniert und dann erst, als ihr erlaubt wurde, nach Zürich zu ziehen, durch Emmie Oprecht mit Elizabeth Wiskemann bekannt gemacht. Im Roman ziehe ich das aus dramaturgischen Gründen zeitlich etwas vor (auf den Juli 1940: da der deutsch-französische Waffenstillstand am 22. Juni 1940 unterzeichnet wurde und am 25. Juni in Kraft trat, ist das zumindest theoretisch möglich). Ohne Verdichtung solcher Art, die in der Nebenhandlung sicherlich verzeihlich ist, wäre es unmöglich, alle Geschichten zusammenzubringen. Posthum erschien: Elizabeth Montagu, Honorouble Rebel. The memoirs of Elizabeth Montagu later Elizabeth Varley, Beaulieu 2003.

(Zu weiteren Materialien: gezielte Suche möglich in der Datei „Anmerkungen“)
Der Text des Romans liegt inzwischen als Hörbuch vor, gelesen  von Marianne Weber für die Schweizerische Bibliothek für Blinde,  Seh- und Lesebehinderte, Zürich; Hördauer 4282 Minuten.
Katalogtext: Der Schweizer Historiker zeichnet ein gross angelegtes Panorama der Geheimdienstaktivitäten in und um Deutschland während der Naziherrschaft. Die Engländerin Elisabeth Wiskemann und der in der Schweiz wohnhafte ausgebürgerte Deutsche Rudolf Roessler werden aus antifaschistischer Überzeugung zu Geheimagenten. In der Lebensgeschichte dieser realen Personen verknüpfen sich die Aktivitäten der alliierten Nachrichtendienste mit denen der nazideutschen Gegenspionage. Nach achtjähriger Quellenforschung deckt der Autor in diesem dichten, anspruchsvollen und sehr umfangreichen Roman zahlreiche unbekannte Zusammenhänge auf.

Hier außerdem eine PDF-Datei mit den Anmerkungen des Autors zum Roman, fortlaufend, nach Kapiteln geordnet:
 
(Die Datei umfasst mehr als 1000 Seiten)

Die Webseite mit der Datei der Anmerkungen zum Buch soll für Transparenz sorgen. Grundsatz war: Personen und Ereignisse authentisch; „Erfindung“ oder Fiktion nur dort, wo die Quellen schweigen oder sich widersprechen, und dies strikt im Rahmen des Plausiblen. So gesehen hat der Roman – erkenntnistheoretisch gesprochen – den Status eines komplexen Hypothesenmodells, denn rein historiografisch sind zahlreiche der im Roman aufgeworfenen Fragen nach der derzeitigen Quellenlage nicht zu beantworten, wie es im Fachjargon so schön heißt (z.B. bei Michael Früchtel, Der Architekt Hermann Giesler. Leben und Werk, München 2008, S. 278). Ob Literatur dazu berechtigt sei, sich auch da, wo es „eigentlich“ nicht geht, ein Bild der Vergangenheit zu machen, hängt auch davon ab, wie offen für Kritik – oder eben: wie transparent – das Vorgehen dabei ist. Der historische Roman – oder der Geschichtsroman – verdankt seine Existenz als Genre letztlich einem nahezu unüberwindlichen Darstellungsproblem der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung. Jene erfolgt nämlich zumeist in Form von Einzelstudien oder geht auch in den großen Überblickswerken nach Kapiteln oder Teilen gegliedert Einzelfragen nach, die allzu häufig nur abstrakt zusammengedacht werden. Einzig Biografien vermögen – aus der Optik der dargestellten Person – annäherungsweise eine zusammenhängende Weltsicht zu entwerfen, durch die Augen der Figuren, Welt verstanden als „Wirklichkeit“, wie sie von den Figuren wahrgenommen wurde. Dieser Roman ist der Versuch, für drei Hauptfiguren und über dreißig Nebenfiguren für die Jahre 1939 bis 1945 das Projekt einer Kollektivbiografie zu wagen. Als Sachbuch würde sich ein solches Unterfangen wegen der Komplexität der einzelnen Lebenszusammenhänge zur Unleserlichkeit verdammen. Der Roman kann zumindest den Versuch wagen, ein solches Zeitbild zu entwerfen. Die Grenzen des Genres des historischen Romans zu erweitern war die Herausforderung. Die Rolle des Autors umfasst dabei, im vorliegenden Fall, die eines Rechercheurs, Interviewers, Interpreten, „Schauspielers“ und „Regisseurs“. Das verstehe ich so: Beim Schreiben „spiele“ ich die Figuren, ähnlich wie ein Schauspieler oder eine Schauspielerin auf der Bühne oder im Film einen Charakter zur Darstellung bringen würde, wenn er oder sie bei diesem Vorgang zugleich die Regie innehätte. Der Roman kann ohne Rücksicht auf die im Theater und im Film anfallenden Kosten die komplexesten „Wirklichkeiten“ mit Worten entwerfen und – vor den Augen der Leserinnen und Leser – bildlich werden lassen. Diese Chance wollte ich bei diesem ernstesten Thema des 20. Jahrhunderts nutzen. (Komplexität zu durchdenken ist die Herausforderung der Zeit.)

Peter Kamber, Berlin, 18. Oktober 2008/26. Februar 2010